Ankunft und Vorbereitung
Die Reise zum Dutch Anglo Festival begann für mich an einem Freitagabend, direkt vor Beginn der ersten von insgesamt drei Festivalwochen. Jede Woche bot ihr eigenes Format mit unterschiedlichen Wertungssystemen, was das Festival besonders vielseitig machte.
Bei meiner Ankunft wurde ich von Markus, Lars, Christian und Harald herzlich empfangen. Es war ein lockerer, entspannter Abend voller lustiger Gespräche und spannender Diskussionen über die bevorstehenden Tage. Die Vorfreude war spürbar, und ich fühlte mich direkt in diese außergewöhnliche Gemeinschaft aufgenommen.
Selfie mit Theo Leijrik, Mannschafts-Weltmeister und ein klasse Mensch. Natürlich hat er mich an dem Tag ordentlich vermöbelt :) |
Am Samstag und Sonntag fanden die Pre-Matches statt. Diese waren eine echte Herausforderung – Entscheidungen über die Bodenstruktur, die richtige Distanz und die ideale Platzierung der Köder waren knifflig. Meine Ergebnisse spiegelten die Schwierigkeiten wider, und rückblickend würde ich diese beiden Tage sportlich gesehen als „Totalschaden“ einordnen. Doch die lockere Atmosphäre und das Zusammensein mit den anderen Teilnehmern ließen die schwachen Ergebnisse schnell in den Hintergrund treten.
Tag 1 – Ein emotionaler Auftakt und ein starker Start
Der erste offizielle Tag des Festivals begann mit einer Mischung aus Vorfreude und Anspannung. Die Eröffnung am Morgen war außergewöhnlich bewegend. Jan van Schendels Rede, die den langjährigen Begleitern des Festivals gewidmet war, hinterließ bei vielen Anwesenden einen bleibenden Eindruck. Der Moment, als starke Männer mit Tränen in den Augen zuhörten, verdeutlichte, dass es bei diesem Festival nicht nur um sportlichen Erfolg, sondern auch um Gemeinschaft, Freundschaft und Respekt ging.
Die Platzverlosung brachte mir einen großartigen Spot – einen von zwei absoluten Endplätzen. Solch ein Platz weckt natürlich hohe Erwartungen. Schnell wurde jedoch klar, dass ein guter Spot allein keine Garantie für den Erfolg ist.
Obwohl ich das Potenzial meines Platzes nicht voll ausschöpfen konnte – auch, weil der Druck spürbar war –, gelang es mir dennoch, mit 23 kg einen zweiten Platz im Sektor zu erreichen. Einige entscheidende Fische gingen mir verloren, da sie nicht richtig gehakt waren, doch insgesamt war ich mit dem Ergebnis zufrieden. Sportlich hätte es besser sein können, aber die Freude am Angeln überwog, und ich lernte erneut, Rückschläge gelassener hinzunehmen als in früheren Jahren.
Luis trug mit seiner Kochkunst dazu bei, dass die Moral im Team hoch blieb. Sein Essen war ein echtes Highlight und sorgte für die nötige Energie, um am nächsten Tag weiter anzukämpfen.Tag 2 – Ein spannender Griff in den Lostopf und neue Freundschaften
Wie jeden Tag begann auch der zweite mit der Verlosung der Startplätze.
Davor jedoch gab es Frühstück Delüx. Denn nicht nur Luis kann kochen und wie ein bekanntes Sprichwort sagt: "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm". Papa Saddler, allen als Peer bestens bekannt, hat uns jeden morgen mit grandiosem Rühei versorgt.
Die Stimmung war euphorisch, als ich Platz 83 zog – ein Bereich, der sich bereits am Vortag als vielversprechend erwiesen hatte.
An diesem Tag entstand eine besondere Verbindung: Graham, der neben mir Platz 82 zog, beeindruckte erneut mit seinem Fachwissen und seiner Ruhe. Er zeigte mir eine Lehrstunde im Brassenangeln und erzielte ein besseres Ergebnis. „Well done, Mate!“ Von diesem Tag an entwickelte sich eine tolle Freundschaft zwischen uns, die bis heute besteht.
Zusätzlich musste ich auch mit Sven Schoppmeyer ein deutsches Duell angeln. Er lies sich auf Steg 84 nieder und machte druck bis zum Schluss. Ein richtig guter Angler, der sogar Brassen auf der Margin-Bahn landen konnte und uns am ende nur knappe 2kg trennten.Mit 17 kg und einem vierten Platz im Sektor war ich zufrieden. Besonders freute ich mich darüber, dass ich – wie am Vortag – zwei Brassen mit der Pole landen konnte. Sam Wildsmith (Drennan Team) gewann unseren Sektor mit beeindruckenden 38 kg.
Ein besonderer Dank gilt Jan van Schendel und Pat McEvoy für ihren Caster-Service und die inspirierenden Gespräche. Es war eine einzigartige Erfahrung, mich mit so erfahrenen und erfolgreichen Menschen auszutauschen. Ich vergleiche diese Gespräche mit einem Flug neben einem Präsidenten oder einer Musiklegende – voller Einsichten und unbezahlbarer Erfahrungen.
Der Abend verlief erneut großartig. Luis zeigte wieder seine Klasse als Angler, gewann seinen Sektor und sorgte gleichzeitig für ein hervorragendes Essen. Bei ein paar kühlen Getränken mit dem belgischen Team hatten wir jede Menge Spaß – ein gelungener Abschluss eines lehrreichen Tages.
Tag 3 – Kämpfen trotz widriger Umstände
Am dritten Tag zog ich Steg 51 – ein Platz, der für Schwierigkeiten bekannt ist. Doch dieser Tag sollte mich im Rückblick besonders stolz machen.
Meinen Sektor gewann Markus mit 16 kg und einer beeindruckenden Leistung. Peer konnte ebenfalls seinen Sektor gewinnen und zeigte erneut sein Können und seine Erfahrung. Harald erzielte mit 48 kg ein starkes Ergebnis und lag im Gesamtranking auf Platz 6, knapp vor Markus auf Platz 9 mit 45 kg und mir auf Platz 11 mit 42 kg.
Am Abend zauberte Luis wieder ein fantastisches Essen, und wir bereiteten uns auf den entscheidenden letzten Tag vor. Uns war klar, dass wir alle eine starke Leistung brauchen würden, um uns in die Top Ten zu kämpfen.
Tag 4 – Der Traumplatz wird zum Flop
Was für ein Losglück: Ich zog Peg 86, einen weiteren Endplatz in der Sektorenmitte. Dieser Abschnitt des Kanals liegt in unmittelbarer Nähe einer Schleuse – ein Platz mit viel Potenzial. Doch die Frage des Tages war, auf welcher Seite der Fische die Mehrheit stehen würde: links oder rechts?
Die Ergebnisse der vergangenen Tage zeigten, wie unberechenbar dieser Abschnitt sein konnte:
Peg | Tag 1 | Tag 2 | Tag 3 | Tag 4 |
---|---|---|---|---|
81 | 10 kg | 8 kg | 13 kg | 4 kg |
82 | 23 kg | 19 kg | 29 kg | 18 kg |
83 | 35 kg | 17 kg | 38 kg | 20 kg |
84 | 40 kg | 15 kg | 28 kg | 31 kg |
85 | 66 kg | 7 kg | 43 kg | 14 kg |
86 | 26 kg | 38 kg | 10 kg | 22,23 kg |
87 | 26 kg | 17 kg | 4 kg | 17 kg |
88 | 17 kg | 6 kg | 7 kg | 22,73 kg |
89 | 12 kg | 9 kg | 8 kg | 22,30 kg |
90 | 11 kg | 10 kg | 11 kg | 13 kg |
91 | 2 kg | 2 kg | 5 kg | 12 kg |
Peg 92 war nur am ersten Tag besetzt und konnte dort keinen Fisch zur Waage bringen.
Der Verlauf zeigt, wie eng die Ergebnisse an diesem Tag beieinander lagen. Jeder Fisch zählte, und jeder „Foul Hooker“ hatte klare Konsequenzen.
Mit 22,23 kg hatte ich ein solides Ergebnis erzielt, doch unmittelbar nach dem Wiegen konnte ich nicht ganz zufrieden sein. Der Gedanke „Was wäre gewesen, wenn...?“ ließ mich nicht los. Hätte ich andere Montagen, Köder oder Taktiken wählen sollen? Diese Überlegungen sind typisch nach einem schwierigen Durchgang, doch sie verdeutlichen auch, wie hoch meine Ansprüche an mich selbst waren.
Die Stimmung besserte sich schnell, als Luis vorbeifuhr und von beeindruckenden 34 kg berichtete – das zweitbeste Gewicht des Tages! Seine Leistung nährte die Hoffnung, dass wir in der Gesamtwertung noch ein gutes Stück nach oben klettern könnten.
Besonders knapp am Sektorengeld ist an diesem Tag auch Nadine Sommerfeldt, als einzige Frau in dieser Woche, vorbei geschrammt. Lediglich 210gr. fehlten auf Platz zwei in ihrem Abschnitt.
Nach dem Angeln verstauten wir unsere Ausrüstung und machten uns auf den Weg zur Siegerehrung, die gegen 21:00 Uhr im Resort Citta Romana stattfand. Dieses Resort hatte uns die gesamte Festivalzeit über mit hervorragenden Räumlichkeiten und einem tollen Ambiente unterstützt.
Siegerehrung und Gesamtwertung
Die Spannung war greifbar, als die Ergebnisse bekannt gegeben wurden. Pat konnte die erste Festival Woche für sich entscheiden. Seit dem er dieses Event mit Jan v. Schendel organisiert war es sein erster Sieg. Herzlichen Glückwunsch & "Well Done Pat"
Als mein Name für den 5. Platz in der Gesamtwertung aufgerufen wurde, war ich überwältigt. Es war das erste Mal, soweit ich mich erinnere, dass ich als bester deutscher Teilnehmer bei einer solchen Veranstaltung abschneiden konnte.
Fazit – Ein unvergessliches Erlebnis
Das Dutch Anglo Festival 2024 war in jeder Hinsicht ein herausragendes Erlebnis. Natürlich wurde die Erfahrung durch meinen unerwarteten sportlichen Erfolg zusätzlich versüßt. Aber wie bereits erwähnt, stand für mich etwas anderes im Vordergrund: die außergewöhnlichen Menschen, die ich kennenlernen durfte, und die herausragende Gemeinschaft, in die ich aufgenommen wurde.
Ich habe an diesen Tagen gelernt, wie viel Freude man aus dem Zusammensein und dem Teilen von Erfahrungen ziehen kann. Diesen Zusammenhalt und die Freundschaft schätze ich mehr als jeden Pokal oder jede Platzierung.
Diese Tage waren für mich echte „Museumstage“ – Momente, die für immer in meinem Herzen bleiben werden.
Alex Sauer
Technische Hinweise
- Ruten:
Ich habe ausschließlich superweiche 3,30-m-Feederruten mit geflochtener Hauptschnur verwendet. - Vorfach:
0,12 mm – perfekt für die Drills und ohne Probleme, selbst bei größeren Brassen. - Angeldistanzen:
Zwischen 15 m und etwa 33 m, je nach Situation. - Posenmontagen:
3-g- und 5-g-Posen, die an den ersten beiden Tagen teilweise erfolgreich waren. - Futter:
Meine Wahl fiel auf Restbestände des Browning M7-Futters, ergänzt durch 1 kg Wurm und 1 Liter Caster pro Tag. Ein zusätzlicher Liter Caster im Auto gab mir immer ein gutes Gefühl, besonders weil ich nicht den Eindruck hatte, dass Mais zu diesem Zeitpunkt große Wirkung zeigte.